11. November 2020
Politik
Ambulante Vakuumversiegelungstherapie
Ab dem 1. Oktober 2020 ist die Vakuumversiegelungstherapie zur Ambulanten Wundbehandlung in der Regelversorgung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen. Zuvor war das nur nach Einzelfallprüfung möglich. Daher wurde die Therapie hauptsächlich in Krankenhäusern angewendet.
Was ist die Vakuumversiegelungstherapie?
Die Vakuumversiegelungstherapie wird auch als Unterdruck-Wundtherapie oder Negative Pressure Wound Therapy (NPWT) bezeichnet. Die Wunde wird dabei mit meiner Klebefolie luftdicht abgeschlossen, eine elektronisch oder mechanisch gesteuerte Pumpe erzeugt einen Unterdruck.
Wie wirkt die Vakuumversiegelungstherapie?
Durch den auf der Wunde direkt entstehenden Unterdruck bzw. Sog wird die Durchblutung und so auch die Granulation gefördert. Der Verband bleibt als geschlossenes System mehrere Tage auf der Wunde, wodurch weniger Verbandwechsel notwendig sind. Durch die Vakuumversiegelungstherapie kann Wundsekret kontinuierlich abfließen, das Wundvolumen verringert sich und der Heilungsprozess wird beschleunigt.
Für welche Wunden eignet sich die Vakuumversiegelungstherapie?
Die Vakuumversiegelungstherapie ist insbesondere für größere chronische, aber auch akute sowie komplizierte Wunden geeignet. Sie darf nach Maßgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA, Beschluss vom 19.12.2019) nun auch in der vertragsärztlichen Versorgung angewendet werden, wenn durch eine Standardwundbehandlung keine ausreichende Heilung zu erwarten ist. Dabei sind Risikofaktoren der Wunde sowie auf Seiten der Patientinnen und Patienten zu berücksichtigen. Der Allgemeinzustand der Patientinnen und Patienten muss das ambulante Wundmanagement ebenso zulassen, wie die Größe und Tiefe der Wunde. Die Wundheilung ist regelmäßig durch den Arzt oder die Ärztin zu kontrollieren und der Behandlungsverlauf zu dokumentieren.
Beispiele (nicht abschließend) für die Anwendung:
> Diabetisches Fußsyndrom
> Ulzera
> Druckgeschwüre (Dekubitus)
> Akute Wunden, postoperativ, posttraumatisch
Wann ist die Vakuumversiegelungstherapie kontraindiziert?
Die Anwendung ist ausgeschlossen bei exponierten Organen, Gefäßen und vaskularen Anastomosen. Nekrotisches Gewebe muss radikal entfernt werden, da andernfalls neues Gewebewachstum verhindert wird. Bei einer unbehandelten Osteomyelitis muss der Infektionsherd sicher entfernt sein. Da die Therapie das Wachstum von Granulationsgewebe fördert, darf sie nicht angewendet werden, wenn malignes Gewebe vorhanden ist. Auch bei nicht enteralen und unerforschten Fisteln ist die Unterdruck-Wundtherapie kontraindiziert. Anwendende Fachärztinnen oder Fachärzte müssen alle Warnhinweise und Gegenanzeigen berücksichtigen.
(EWMA DOCUMENT: NEGATIVE PRESSURE WOUND THERAPY; Supplement EWMA Document 2017)
Für welche Patientinnen und Patienten eignet sich die Vakuumversiegelungstherapie?
Für Patientinnen und Patienten sorgt die Therapie neben einer schnelleren Heilung zusätzlich für eine Erhöhung der Lebensqualität: Die luftdicht abgedeckte Wunde entwickelt keinen Geruch, störende Wundsekrete werden abgesaugt, es sind weniger Verbandwechsel nötig. Je nach angewendetem System besteht auch mehr Bewegungsfreiheit, sodass ggf. auch Duschen oder Berufstätigkeit möglich sind. Der Verbandwechsel ist aufwändiger und nur von Ärztinnen oder Ärzten durchzuführen. Die Patientinnen und Patienten müssen in den Umgang mit dem Gerät eingewiesen werden, um damit auch allein umgehen zu können. Das heißt auch, dass sie Warnsignale verstehen und auf diese reagieren können müssen – oder sie Hilfe erhalten können.
Abrechnung der Vakuumversiegelungstherapie
Ab dem 1. Oktober 2020 ist die Vakuumversiegelungstherapie in der Regelversorgung zur ambulanten Wundbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen. Bisher war dies nur nach Einzelfallprüfung möglich. Der persönliche Kontakt zu Patient oder Patientin ist obligatorisch.
Primärer Wundverschluss bei ambulanten Operationen
> Zuschlag zu einem Eingriff EBM Kapitel 31.2
> GOP: 31401, Bewertung: 68 Punkte, 7,47 €
> Zuschlag zu einem Eingriff EBM Kapitel 36.2 (belegärztlich)
> GOP: 36401, Bewertung: 64 Punkte, 7,03 €
> Sachkostenpauschale EBM Kapitel 40.17
> GOP: 40900, Bewertung: 430,67 €
> Dauerhaft außerhalb morbiditätsbedingter Gesamtvergütung (MGV), extrabudgetär
Sekundärer Wundverschluss
> Zusatzpauschale Abschnitt 2.3 EBM (kleinchirurgische Eingriffe)
> GOP: 02314, Bewertung: 135 Punkte, 14,83 €
> Sachkostenpauschalen EBM Kapitel 40.17
> GOP: 40901, bei Wundfläche bis einschließlich
20 cm2, Bewertung: 65,49 €,
bis 3 Mal die Woche
> Sachkostenpauschalen EBM Kapitel 40.17
> GOP: 40902, Wundfläche über 20 cm2, Bewertung: 71,39 €, bis 3 Mal die Woche
> Sachkostenpauschale GOP: 40903, Vakuumpumpe, Bewertung: 47,54 pro Tag
> Vergütung zunächst extrabudgetär, Sachkosten zunächst außerhalb MGV
Welche Arztinnen und Arzte können die Vakuumversiegelungstherapie anwenden?
Berechtigt zum intendierten primären Wundverschluss sind folgende operativ tätige Fachärztinnen und Fachärzte:
> der Chirurgie
> der Frauenheilkunde und Geburtshilfe
> der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde
> der Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie
> der Neurochirurgie
> für Haut- und Geschlechtskrankheiten und Urologie
Zur Durchführung des sekundären Wundverschlusses sind zusätzlich folgende Fachärztinnen und Fachärzte berechtigt:
> der Allgemeinmedizin
> der Inneren Medizin und Angiologie
> der Inneren Medizin und Endokrinologie und Diabetologie
> mit der Zusatzweiterbildung „Diabetologie“ oder „Diabetologe Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)“
> mit der Zusatzweiterbildung Phlebologie
Verweise
Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 19.12.2019 komplett
→ g-ba.de/beschluesse/4085
Beschluss G-BA Änderungsrichtlinie:
→ g-ba.de/downloads/39-261-4085/2019-12-19_
MVV-RL_Vakuumversieglungstherapie- Wunden_BAnz.pdf
Praxisnachricht Kassenärztliche Bundesvereinigung
Stand: September 2020
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